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Focus Money im Interview mit RA M. Kroll zur Rückforderung von Kreditbearbeitungsgebühren

dpa/Oliver Berg Bankkunden können zu Unrecht erhobene Kreditgebühren auch noch nach vielen Jahren zurückverlangen.

Seit gestern können Kunden die Bearbeitungsgebühren für Kredite zurückfordern - rückwirkend bis 2004. Doch was ist, wenn man den Vertrag längst entsorgt hat, die Bank nicht mehr existiert oder sie sich weigert zu zahlen. FOCUS Online beantwortet die kniffligsten Fragen.

Bankkunden können seit gestern die Bearbeitungsgebühren für ihre Kredite zurückfordern, sofern sie diese nach dem 29. Oktober 2004 abgeschlossen haben. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese Präzisierung zu seinem Urteil zu Verbraucherkrediten am Mittwoch nachgereicht. Demnach gilt die zehnjährige Verjährung rückwirkend für zehn Jahre - allerdings nicht schon ab Anfang 2004, wie die BGH-Pressestelle mitteilte.

Kreditnehmer, die einen Anspruch auf die Rückzahlung zu haben, müssen sich allerdings sputen, warnen Verbraucherschützer. Das Fenster für den Rückforderungs-Antrag schließt sich womöglich schon zum Jahresende wieder. Sie empfehlen daher allen betroffenen Kunden, ihre Forderungen umgehend per Musterbrief bei der Bank geltend zu machen.

Eine Antwort sollten Kunden bereits nach wenigen Tagen einfordern. Falls die Banken auf Zeit spielen, sollte man per Telefon und Brief Druck gemacht werden. Hilft das alles nichts, können Bankkunden mit diesen fünf Tipps ihre Chancen auf die Rückzahlung verbessern.

  1. Wie kann ich die Verjährungsfrist unterbrechen?

Wer auf Nummer sicher gehen will, muss gerichtliche Maßnahmen ergreifen. Nur eine Klage oder ein Mahnbescheid könnten die Verjährungsfrist sicher unterbrechen, sagt Matthias Kroll, Fachanwalt für Versicherungsrecht. "Verhandlungen über den Anspruch hemmen die Frist zwar auch, aber das ist rechtlich riskant und nicht zu empfehlen", betont er. Wer sich vor gerichtlichen Maßnahmen scheut, kann mit einer Beschwerde beim Ombudsmann der Privatbanken Zeit schinden. Hier wird die Frist laut Bankenverband unterbrochen, sobald das Schreiben des Kunden vorliegt. Anders als bei anderen Ombudsverfahren, müssen Kunden keine vorherige Absage ihrer Bank vorlegen. Um diese Kommunikation kümmert sich die Ombudsstelle.

  1. Wie informiere ich den Ombudsmann?

Für die Beschwerde beim Ombudsmann reicht ein formloses Schreiben, egal ob per Post, als Fax oder E-Mail (ombudsmann(at)bdb(dot)de).  Der Kreditvertrag sollte der Beschwerde beigelegt oder angehängt sein. Die Beschwerde unterbricht nicht nur die Verjährungsfrist: Entscheidet der Ombudsmann zu Gunsten des Kunden und liegt die Streitsumme unter 5000 Euro, ist der Beschluss für die Bank bindend. Sparkassen, Genossenschaftsbanken und öffentliche Banken haben eigene Streitschlichtungssysteme. Für welche Banken der Ombudsmann zuständig ist, können Kunden hier überprüfen: www.bankenombudsmann.de.

  1. Was können Kreditnehmer tun, wenn sie den Vertrag schon nicht mehr haben?

"Das wird schwierig. Gegebenenfalls kann man die Bank auffordern, die Unterlage herauszugeben. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist allerdings zweifelhaft", sagt Kroll. Die Bank könne sich darauf berufen, dass die alten Unterlagen vernichtet worden seien. Sein Tipp: unter Umständen ergeben sich die Informationen aus der früheren Korrespondenz mit der Bank.

  1. Was können Kreditnehmer tun, wenn es ihre Bank nicht mehr gibt?

Wenn die Bank verkauft wurde und es einen Rechtsnachfolger gibt - etwa bei der Dresdner Bank die Commerzbank -  können sich Kreditnehmer an diesen wenden. Ist die Bank allerdings liquidiert worden oder in der Insolvenz, hat der Kunde Pech. Der Berufsverband Notarkasse bietet online eine Liste der Rechtsnachfolger vieler deutscher Banken.

  1. Brauche ich unbedingt einen Anwalt, oder kann ich die Rückforderung auch selbst durchsetzen?

"Grundsätzlich kann man das natürlich auch ohne Anwalt versuchen. Allerdings ist der Umstand, dass man die Verjährungsfrist sicher nur durch gerichtliche Maßnahmen hemmen kann, meiner Ansicht nach Grund genug, sich anwaltlich beraten zu lassen", sagt Kroll. Das gelte vor allem bei unvollständigen oder fehlenden Unterlagen. Viele Rechtsschutzversicherungen dürften so einen Fall abdecken, so Kroll

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